Der Beginn der Berufsausbildung markiert jedes Jahr für viele Schulabgänger im Münsterland einen neuen Lebensabschnitt. Das duale Ausbildungssystem in Deutschland ist immer noch ein Erfolgsmodell. Trotzdem ist es wichtig, schon zum Berufsstart seine Rechte zu kennen und informiert zu sein. Denn auch in der Lehrzeit können Probleme auftreten. Wir erklären die wichtigsten Begriffe und sagen Dir, was Du beachten musst.
Ausbildungsvergütung
Die Ausbildungsvergütung ist quasi Dein Gehalt während der Ausbildung. Wie viel dir zusteht, erfährst Du bei JAV, Betriebsrat und Deiner Gewerkschaft. Die Gewerkschaften handeln Tarifverträge mit den Unternehmerverbänden aus. Selten wird dabei eine schnelle Einigung erzielt, manchmal muss gestreikt werden, denn manche Unternehmer sehen Ausbildung oft nur unter Kostengesichtspunkten und wollen möglichst wenig zahlen. Wir kämpfen deshalb mit unseren älteren Kolleginnen und Kollegen für eine Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen.
Ausbildungsfremde Arbeiten
Ausbildungsfremde Arbeiten sind Tätigkeiten, die nicht dem Ausbildungszweck dienen, sind laut Berufsbildungsgesetz verboten. Auch unnötige Wiederholungen bereits erlernter Fähigkeiten dienen nicht dem Ausbildungszweck. Dazu gehören u. a.: laufende Urlaubsvertretungen, Serienarbeiten über Tage hinweg, ständige Botengänge und Ablagearbeiten, regelmäßiges Reinigen von Werkstätten und Büros über den eigenen Arbeitsplatz hinaus. Außerdem sind Tätigkeiten verboten, die den körperlichen Kräften des/der Auszubildenden nicht angemessen sind.
Betriebsrat
Ein Betriebsrat wird in allen Betrieben mit mehr als fünf Beschäftigten gewählt. Er vertritt die Interessen aller Arbeiterinnen, Angestellten und Auszubildenden eines Betriebes, unterstützt von Deiner Gewerkschaft. Er achtet auf die Einhaltung von Schutzgesetzen, verhandelt mit der Geschäftsleitung, z. B. über die Lage von Arbeitszeiten oder Fragen der Berufsausbildung. In einigen Fällen kann der Betriebsrat mitbestimmen, z. B. bei der Auswahl von Auszubildenden und bei der Ausbildungsplanung. Im öffentlichen Dienst werden Personalräte gewählt. Sie haben aber grundsätzlich dieselbe Funktion.
Berichtsheft
Im Berichtsheft hältst Du das fest, was tatsächlich während der Ausbildung (Berufsschule und Betrieb) gelaufen ist. Auch ausgefallener Unterricht gehört dazu. Es gilt als Nachweis, ob der Betrieb den Ausbildungsplan eingehalten hat. Um zur Abschlussprüfung zugelassen zu werden, musst Du u. a. Deine Berichtshefte vorlegen. Berichtshefte werden während der Ausbildungszeit geführt.
Bildungsurlaub & Seminare
Bildungsurlaub & Seminare: In einigen Bundesländern haben Auszubildende gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub. Das bedeutet, dass Du unter Fortzahlung Deiner Ausbildungsvergütung für den Besuch von bestimmten Seminaren und Schulungen freigestellt wirst. Dieser Urlaub, so sagt das Gesetz, soll "der politischen und beruflichen Weiterbildung dienen", auch in Gewerkschaftsseminaren. Hier erfährst Du mehr über Deine Rechte im Betrieb und lernst neue Leute kennen. Über aktuelle Bildungsangebote informieren Dich JAV, Betriebsrat oder Deine Gewerkschaft.
Beschwerderecht
Beschwerderecht: Du hast das Recht, Dich über Unregelmäßigkeiten in der Ausbildung bei der JAV und beim Betriebsrat zu beschweren. Berufe Dich auf das Betriebsverfassungsgesetz, z.B. wenn Dein Ausbildungsplan nicht eingehalten wird oder Deine Beurteilung ungerecht ist. Klar: Viele Azubis trauen sich nicht, ihre Probleme im Betrieb direkt anzusprechen. Beratung bekommst Du auch in Deinem NGG-Büro. Rund um die Uhr geöffnet ist die Online-Beratung "Dr. Azubi". Hier kannst Du Deine Probleme anonym posten und Du bekommst Rat und Hilfe.
Beurteilungsbogen
Ein Beurteilungsbogen wird in vielen Betrieben zur Kontrolle des "Ausbildungserfolgs" eingesetzt. Darin wird aber allzu oft das persönliche Verhalten, Anpassungsfähigkeit, Ordnung, Sauberkeit, Teamfähigkeit und die Einstellung von Auszubildenden bewertet. Solche Fragen haben in Beurteilungsbogen nichts zu suchen, da sie nicht objektiv messbar sind und somit immer der Einschätzung des Beurteilenden unterliegen. Es besteht auch die Gefahr, dass solche Beurteilungsmerkmale als Instrument der Disziplinierung missbraucht werden. Beurteilt werden darf nur der Stand der Ausbildung, orientiert an den Fertigkeiten und Kenntnissen, die zu vermitteln sind. Welche das sind, erfährst Du aus dem Ausbildungsplan und der Ausbildungsordnung. Ein gutes Beurteilungssystem hilft dem Auszubildenden, Schwächen zu erkennen und sie zu überwinden. Ein lohnendes Ziel für Dich und Deine JAV.
Gefährliche Arbeiten
Gefährliche Arbeiten: Du musst vor Beginn und während der Ausbildung in einem Betrieb über Unfall- und Gesundheitsgefahren aufgeklärt werden. Besonders gefährliche und gesundheitsgefährdende Arbeiten sind für Jugendliche und Auszubildende bis auf wenige Ausnahmen verboten.
Jugendarbeitsschutzgesetz
Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG): Das Gesetz schützt Jugendliche unter 18 Jahren vor unangemessenen Belastungen am Arbeitsplatz, z. B. bei Überstunden, Akkord-, Schicht-, Nachfund Wochenendarbeit. Es regelt ausreichende Pausenzeiten, Urlaub und, besonders wichtig, die Berufsschulpflicht (Berufsschule). Aber viele Betriebe versuchen, diese Schutzbestimmungen zu unterlaufen und spannen auch Jugendfiche unter 18 Jahren voll ein. Deshalb informiere Dich. Das Gesetz muss in jedem Betrieb aushängen! Schalte bei Verstößen JAV, Betriebsrat oder Deine Gewerkschaft ein. Denn gerade am Anfang des Arbeitslebens gilt es, die Gesundheit zu schützen.
Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)
Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV): Du hast das Recht, während der Ausbildungszeit zu ihr zu gehen. Wenn Du eine gute JAV willst, unterstütze sie, denn ihre Aufgaben sind umfangreich und nur mit Deiner Hilfe erfolgreich zu erfüllen. Die JAV kontrolliert u. a. die Einhaltung von Gesetzen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen, z. B. zu Urlaub, Ausbildungsvergütungen und Arbeitsbedingungen. Sie erarbeitet zusammen mit Betriebsrat oder Personalrat und Deiner Gewerkschaft Vorschläge zur Verbesserung der Ausbildung. Selbst kandidieren? Denk mal drüber nach.
Prüfungen
Prüfungen: Die Ausbildung endet mit der Abschlussprüfung. Hast Du die Ausbildungszeit absolviert, an den erforderlichen Zwischenprüfungen teilgenommen und die vorgeschriebenen Berichtshefte geführt, musst Du zur Abschlussprüfung zugelassen werden. Achte darauf, dass Du rechtzeitig angemeldet wirst! Das Berufsbildungsgesetz ermöglicht es, auch vor der im Ausbildungsvertrag vereinbarten Dauer zugelassen zu werden, wenn Deine Leistungen dies rechtfertigen. Die Ausbildung verlängert sich auf Dein Verlangen, wenn Du die Prüfung nicht auf Anhieb bestehst. Für manche Berufe gibt es besondere Regelungen und Gesetze. Deine JAV weiß mehr. Oder Du fragst uns.
Rassismus
Rassismus: Kulturelle Unterschiede sind eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Wir treten für eine soziale, solidarische und gewaltfreie Gesellschaft ein und engagieren uns gegen jede Form von Nationalismus, Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Unterstützt die Aktionen der Gewerkschaften: Gegen Rechts!
Rechtsschutz
Rechtsschutz: Oft ist ein Prozess vor einem Arbeits- und Sozialgericht die letzte Möglichkeit, Recht zu bekommen. Etwa um sich gegen Entlassung, Lohnkürzung usw. zu wehren. In solchen Fällen gewährt die Gewerkschaft Mitgliedern Rechtsschutz und übernimmt Anwalts- und Verfahrenskosten.
Tarifvertrag
Ein Tarifvertrag wird zwischen Gewerkschaft und Unternehmern abgeschlossen. Er regelt z. B. die Höhe der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen, die Dauer und Vergütung des Urlaubs. Übrigens: Nur Gewerkschaftsmitglieder haben einen Anspruch auf die tariflichen Leistungen. Hier gilt wieder: Je mehr wir sind, desto stärker ist die Verhandlungsposition.
Umlagefinanzierung
Umlagefinanzierung: Alle Jugendlichen haben Anspruch auf eine qualifizierte Ausbildung. So will es das Grundgesetz (Art. 12 Abs. 1). Aber manche Betriebe bilden überhaupt nicht aus. Deshalb finden einige Jugendliche keinen betrieblichen Ausbildungsplatz. Wir fordern deshalb: "Wer nicht ausbildet, muss zahlen." Das heißt, die Kosten für Berufsausbildung werden auf alle Unternehmen umgelegt. Die Betriebe, die nicht oder zu wenig ausbilden, zahlen eine Abgabe entsprechend ihrer Ausbildungsverpflichtung. Von dem Geld werden dann in erster Linie betriebliche Ausbildungsplätze in den Betrieben, die zu einer qualifizierten Ausbildung bereit sind, finanziert. Bisher werden fehlende Ausbildungsplätze durch Notprogramme mit öffentlichen Mitteln von der Allgemeinheit finanziert. Wir wollen, dass die Unternehmen zukünftig für die Finanzierung der von ihnen benötigten Fachkräfte selbst aufkommen.
Urlaub
Urlaub für Azubis:
laut Jugendarbeitsschutzgesetz: Jugendliche, die zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht...
...16 Jahre alt waren, erhalten - 30 Werktage
...17 Jahre alt waren, erhalten - 27 Werktage
...18 Jahre alt waren, erhalten - 25 Werktage
(Samstag = Werktag).
Unsere Tarifverträge enthalten bessere Regelungen: In der Regel 30 Tage, das sind volle sechs Wochen. Informiere Dich über Deinen Urlaubsanspruch bei JAV, Betriebsrat oder Deiner Gewerkschaft NGG.
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